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Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht

Autor: Hans-Peter Meuser

Den Sinn und Zweck eines derartigen Schriftstücks erkennen Sie am besten anhand von realen Beispielfällen. 

Beispiel 1
Herr A ist 52 Jahre alt und liegt seit 3 Jahren im "Wachkoma", einem Zustand völliger Hilflosigkeit. Er ist in einem Pflegeheim untergebracht, wird dort gewaschen, regelmäßig gedreht und saubergemacht. Er hat seine Ausscheidungen nicht unter Kontrolle, der Urin wird über einen Katheter abgeleitet, den Stuhl macht er in Windeln. Er atmet über eine Kehlkopfkanüle und wird regelmäßig abgesaugt. Die Ernährung erfolgt über einen durch die Bauchdecke in den Magen eingeführten Schlauch. Er reagiert nicht auf Ansprache, kann sich weder bewegen noch äußern, folgt nicht mit dem Blick. Dieser Zustand kann bei guter Pflege noch jahrelang bestehen, bis er an einer Lungenentzündung, Harnwegsinfektion oder einer anderen Komplikation des langen Leidens stirbt. Daß er aus diesem Zustand noch einmal erwacht, kann zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, ist aber sehr unwahrscheinlich (unter 1 %), er bliebe aber auch dann wahrscheinlich Pflegefall.
Ursache in seinem Fall war ein plötzliches Herzkammerflimmern. Bei der Wiederbelebung sind dann diese schweren Hirnschäden zurückgeblieben. Aber auch Ertrinkungsunfälle, Hirnblutungen, Hirnverletzungen durch Unfall können ein "Wachkoma" auslösen.

Beispiel 2
Frau B ist 73 Jahre alt und wegen einer Demenz seit mehreren Jahren in einem Heim auf der Pflegestation untergebracht. Frau B erkennt ihre Angehörigen und das Pflegepersonal nicht mehr, hat ihre Ausscheidungen seit Jahren nicht mehr unter Kontrolle, ist jetzt seit einigen Monaten bettlägerig. Zunehmend "vergißt" sie auch, wie geschluckt wird, hält Speisen und Getränke nur noch im Mund oder läßt sie herauslaufen. In der Befürchtung, die Mutter könne vielleicht Hunger und Durst spüren, will die eine Tochter eine Magensonde einlegen lassen, um Frau B künstlich zu ernähren. Die andere Tochter will das eben nicht, weil sie es für ein künstliches Verlängern des Dahinvegetierens hält. Wie Frau B selbst darüber denkt, wissen die Töchter nicht.
Auch nach mehreren Schlaganfällen, im Endstadium einer Parkinson-Krankheit oder einer anderen neurologischen Erkrankung kann es zu einer ähnlichen Situation kommen, in der ein Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann.

Beispiel 3
Frau C ist 65 Jahre alt und hat nach einer Hirnblutung eine schwere Hirnschädigung erlitten. In der Akutphase, als es noch Hoffnung auf Besserung gab, war eine Magensonde zur künstlichen Ernährung eingelegt worden, über die sie jetzt seit Monaten ernährt wird. Sie hat ihre Ausscheidungen nicht unter Kontrolle, reagiert nur mit Stöhnen auf Lagewechsel und pflegerische Bemühungen. Sie erkennt niemanden, reagiert nicht auf Ansprache, befolgt keine kleinen Aufforderungen wie Augenschließen oder Mundöffnen, preßt die Lippen aufeinander, wenn die Mundpflege durchgeführt werden soll. Eine Besserung war ohnehin wenig wahrscheinlich. Jetzt nach mehreren Monaten ist die Hoffnung fast auf Null abgesunken. Dank der künstlichen Ernährung kann dieser Zustand noch Monate oder Jahre andauern, bis sie an einer Komplikation ihrer Erkrankung stirbt.
Ob sie unter der Situation leidet und Schmerzen empfindet, ist nicht bekannt, kann nur gemutmaßt werden. Ob sie die Fortsetzung der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr bei diesem aussichtslosen Zustand wünscht, ist ebenfalls nicht bekannt. Eine schriftliche Verfügung liegt nicht vor, eine Vorsorgevollmacht existiert nicht, mit ihren Angehörigen hat sie darüber nicht gesprochen.

Was wollen SIE ?
Jedem von uns kann ein derartiges Schicksal drohen, durch Krankheit oder Unfall. Jeder sollte sich Gedanken darüber machen, welche Maßnahmen in einem derartigen Fall getroffen werden und welche unterlassen oder bei Erfolglosigkeit wieder eingestellt werden sollen. Nur wenn Sie mit Ihren Angehörigen und Ihrem Hausarzt das Thema besprechen und eindeutige Verfügungen treffen, wissen die Angehörigen und der Hausarzt, wie Sie denken und wie Sie entscheiden würden. Hilfen geben wir Ihnen in den folgenden Abschnitten.
Dabei muß beachtet werden, daß die meisten erhältlichen Formulare viel zu allgemein gehalten sind, um z.B. bei obigen Beispielen eine Entscheidungshilfe zu sein. Wir raten zu ganz detaillierten Formulierungen in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt.

Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht

Die Kombination dieser Patientenverfügung und einer dazu passenden Vorsorgevollmacht kann ich nur empfehlen. Ich habe eine Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht entwickelt, die ich für klar formuliert und rechtssicher halte. Der Bundesgerichtshof hat 2016 entschieden, dass nur klar für konkreten Fall formulierte Verfügungen gültig sind. Überprüfen Sie daher Ihre Verfügungen, am Besten in einem Beratungsgespräch bei uns.

Sie können hier unsere Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht  herunterladen (PDF-Datei), und hier die zugehörigen Erläuterungen

Gern können Sie sich über das Thema von mir beraten lassen. Die Beratung ist privat zu zahlen, Kosten je nach Zeitaufwand.

In Jedem Fall sollten Sie mit Ihrem Arzt diese Verfügungen ausführlich besprechen und ihm am Besten eine Kopie zu den Akten geben.

Für besonders Interessierte hier ein Link zum Text des Urteils des Bundesgerichtshofs zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung von Betreuerentscheidungen im Zusammenhang mit lebensverlängernden Maßnahmen an einwilligungsunfähigen Patienten :
Urteil des BGH vom 17. März 2003

Besonders problematisch war früher die Frage, ob bei schwerer Krankheit oder am Ende des Lebens eine so genannte PEG-Sonde zur künstlichen Ernährung und Zufuhr von Flüssigkeit eingelegt werden soll. Die Frage ist inzwischen beantwortet: Im Endstadium einer Demenzerkrankung ist eine PEG-Sonde nicht sinnvoll.

Auch wenn die PEG-Sonde z.B. nach einem Schlaganfall gelegt wurde, um zu sehen, ob der Patient sich erholt, bedeutet das keinen Zwang, den Patienten dauerhaft darüber zu ernähren. In diesen Fällen ist immer wieder zu hinterfragen, ob die Fortsetzung der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr noch medizinisch sinnvoll ist, insbesondere aber, ob sie noch dem geäußerten oder mutmaßlichen Willen des Kranken entspricht. Ist das nämlich nicht der Fall, ist die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr zu beenden: https://www.aerzteblatt.de/archiv/168368/Kasuistik-Einstellen-einer-kuenstlichen-Ernaehrung-bei-schwerer-Alzheimer-Demenz

H.-P. Meuser, Facharzt für Allgemeinmedizin, Langenfeld