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Ärztliche Hilfe zur Selbsttötung -
Rheinischer Ärztetag vom 29.4.2021


Autor: Hans-Peter Meuser, Stand 29.04.2021


Professor Dr. iur. Wolfram Höfling, M.A., Ehemaliger Direktor des Instituts für Staatsrecht der Universität zu Köln und von 2012 bis 2020 Mitglied des Deutschen Ethikrates.

Prof. Höfling fasst im ersten Vortrag (rechtliche Perspektive) das Urteil des BVerfG wie folgt zusammen: 

1. Das Grundrecht auf Selbsttötung und Hilfe dazu zu suchen besteht ohne dass ein nachvollziehbarer Grund dafür vorgetragen werden müsste.

2. Das Grundrecht darf nicht leerlaufen: Änderung des Berufsrechts der Ärzte und der Verschreibungsordnung für Betäubungsmittel. 

Es sei für Schwerkranke wichtig, dass er sich an seinen Arzt wenden kann. Ungeachtet der Tatsache, dass es nicht Aufgabe der Ärzte sei, Hilfe zur Selbsttötung zu leisten, müsse das Berufsrecht der Ärzte Ausnahmen zulassen.

Das strikte Verbot der Hilfe zur Selbsttötung in der Berufsordnung sei nach dem überwiegenden Schrifttum verfassungswidrig.

Auf die Frage, ob eine Änderung des Berufsrechts der Ärzte zwingend sei, bezieht sich Herr Prof. Dr. Höfling auf die derzeitige Verfassungswidrigkeit.

Dem ist meines Erachtens zuzustimmen. Das ist ja auch meine Intention, die ich z.B. mit dieser Homepage verfolge. 

 

Im zweiten Vortrag spricht (ethische Perspektive)

Professor Dr. iur. Helmut Frister, Mitglied des Deutschen Ethikrats, Institut für Rechtsfragen der Medizin, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht, Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Vermeidung und Beseitigung von Suizidgründen, Ermutigung zum Leben, insbes. durch Wertschätzung der Person.

In einer pluralistishen Gesellschaft hat Jeder die Befugnis, über sein Leben und dessen Ende zu entscheiden. Daher könne es aus ethischer Sicht weder eine Pflicht zur Hilfe bei der Selbsttötung geben, noch darf diese verboten sein.

Es ist nicht zulässig, anderen Menschen generell zu verbieten, bei der Beendigung des Lebens Hilfe zu leisten, weder im Strafrecht, noch im ärztlichen Berufsrecht.

Natürlich besteht keine Verpflichtung eines Arztes, Hilfe zur Selbsttötung zu leisten. Der Patient könne dann die Hilfe eine anderen Arztes suchen oder - aber das wäre die schlechtere Lösung - die Hilfe einer gewerblichen Sterbehilfe-Organisation. 

Auch dem ist m.E. zuzustimmen.

In der Diskussion kam die Frage nach der Unterscheidung zwischen Hilfe zur Selbsttötung und Tötung auf Verlangen. Hier war die Antwort, es käme allein darauf an, wer den letzten Handlungsschritt ausführt. Ein Arzt, der z.B. eine Infusion mit einem tödlichen Mittel anlege, müsse daher dem Betroffenen die letzte Handlung überlassen, also die Infusion zum Laufen bringen.

 

Im dritten Vortrag (medizinisch-psychiatrische Perspektive) spricht

Professor Dr. Barbara Schneider, M.Sc., MHBA, Leitung des Nationalen Suizidpräventionsprogramms, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Chefärztin, LVR-Klinik Köln

Viel Statistik. Suizidprävention sei in Deutschland noch sehr ausbaufähig. Suizidgedanken müssen ernst genommen und akzeptiert werden, um Hilfe bieten zu können. Suizidologie beschäftigt sich damit.

Die Referentin äußert eine kritische Haltung zur geplanten gesetzlichen Neuregelung und den bisher vorliegenden Gesetzentwürfen.

Auch bei Depression oder Demenz kann (je nach Stadium) Selbstbestimmtheit vorliegen.

Es wäre sehr wünschswert, wenn mehr Ressourcen für das ärztliche Gespräch mit Menschen mit Suizidgedanken oder -absicht bei Haus- und Fachärzten oder spezialisierten Ärzten zur Verfügung stünden.

 

Im Ergebnis des Nordrheinischen Ärztetages hat sich das bestätigt, was auf dieser Homepage dargestellt wurde und wird. Natürlich freut mich das und ich hoffe in diesem Sinne das Beste für den Deutschen Ärztetag, der Anfang Mai 2021 online stattfinden soll und der sich mit dem Thema unter TOP 4 befassen soll.  

 

Im Schlusswort wiederholt der Präsident der Ärztekammer Nordrhein seine persönliche Einstellung, dass viele Abgeordnete des Bundestages sich unsicher sind, wie gesetzgeberisch weiter verfahren werden soll. Das würde alles Zeit kosten. Soll es eine unabhängige Stelle geben, die analog zum Schwangerschaftsabbruch die Beratungen durchführt. Das werde nicht mehr innerhalb dieser Legislaturperiode des Bundestags geregelt werden können.

Sowohl Herr Prof. Höfling als auch Herr Prof. Frister hätten ja - was ihn allerdings überrascht habe - ausgeführt, dass das strikte Verbot in der Berufsordnung der Verfassung wohl nicht entspricht. 

 

Herr Henke muss m.E. darauf hingewiesen werden, dass aktuell das Berufsrecht dazu führt, die Grundrechte von Minderheiten zu vereiteln: der Minderheit derer, die ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung anstreben, aber auch der Minderheit der Ärzte, die für sich ethisch die Notwendigkeit sehen, im Einzelfall freiwillig diese Hilfe auch zu leisten. Grundrechte sind immer Rechte der Einzelnen gegen den Staat und dessen Strukturen. 

 

Dem Vizepräsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Herrn Bernd Zimmer, ist für die sachliche Moderation der Veranstaltung ausdrücklich zu danken.  

 

H.-P. Meuser, Facharzt für Allgemeinmedizin, Langenfeld